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Der lange Weg zur Digitalisierung der Außenhandelsfinanzierung

20 Mai 2019

Schuld ist nicht die Technologie – die wahren Hürden liegen bei der Unternehmensführung, den Zuständigkeiten und der Fähigkeit, Veränderungen anzunehmen.

Bei genauerer Betrachtung erscheint die Ausführungsweise von Rohstoff-Handelsgeschäften für Branchenfremde antiquiert. Noch immer werden Transaktionen anhand von Papierdokumenten durchgeführt, wodurch der Abgleich von Informationen zwischen den Parteien oder intern zwischen den unterschiedlichen IT-Tools viel Zeit und Energie in Anspruch nimmt.

Die meisten Menschen, die mit Außenhandelsfinanzierungen zu tun haben, würden zustimmen, dass ausschließlich digital abgewickelte Transaktionen einfacher, schneller und preiswerter wären. Durch die Vermeidung von Datenredundanzen und Schnittstellentools dürften Kosten eingespart werden. In letzter Zeit sehen wir endlich mehr potenzielle Integration zwischen der Abwicklung von Rohstoffhändlern nach dem Abschluss und der Finanzierung dieser Transaktionen. Die Herausforderung ist nicht eine gemeinsame langfristige Vision, sondern in der Umsetzung erster Schritte, um diese Vision zu erreichen.

Wie bei sozialen Netzwerken können Blockchain-Projekte Nutzern nur dann einen Mehrwert verschaffen, wenn viele von ihnen miteinander verbunden sind. Ersetzt man beispielsweise die Kommunikationsmittel zwischen Akkreditivbanken durch eine Blockchain-Lösung, muss diese mindestens von einem Banken-Pool angenommen werden. Mit der Entwicklung von komgo, Voltron und Marco Polo in Konsortien gehen Banken diese Anforderungen an einen Netzwerkeffekt an.

Die Definition angemessener Governance für eine solche Struktur ist eine weitere Herausforderung. Aus aufsichtsrechtlicher Sicht muss bei dieser das Wettbewerbsrecht eingehalten werden. Wirtschaftlich gesehen greifen ihre Geschäftsmodelle in die Akquisition und den Vertrieb der Banken ein. Mit der Zeit können wir uns auch vorstellen, dass die Interessen der beteiligten Parteien auseinanderdriften.

Leider kann nicht der gesamte Transaktionsprozess mit vielen Parteien auf einmal digitalisiert werden, daher müssen wir irgendwo anfangen und dann die Brüche beheben. Irgendwo müssen die neuen Prozesse in die bestehenden greifen. Dies wirft neue Fragen auf: Wie erstellt man beispielsweise eine Papierversion von Frachtdokumenten, wenn der Kunde diese digital erworben hat, sein Käufer jedoch nur Papierdokumente entgegennehmen will? Hier ist der Gedanke, eine Reihe von neuen Regeln und Zuständigkeiten zu definieren, die von den Parteien vereinbart werden, um die Grenzen abzustecken.

Letzten Endes müssen diese digitalen Plattformen Schnittstellen zu den „Altsystemen“ der Banken erhalten. Die Bankenbranche war einst eine der ersten Branchen, die Computer eingesetzt hat, daher haben ihre IT-Systeme eine höhere Lebenserwartung als in den meisten Branchen. Berücksichtigt man die Umsetzungskosten für solche Verbindungen, müssen Banken zwischen den Ressourcen, den verschiedenen möglichen Plattformen und der verbleibenden Lebensdauer der Tools, die eine Verbindung benötigen, abwägen.

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, und ebenso wird auch die Außenhandelsfinanzierung nicht über Nacht digitalisiert werden. Die Umsetzung agiler und schlanker Methoden und die Einbeziehung von Nutzern in den Designprozess von IT-Tools haben die Zeit bis zur Markteinführung für die Lieferung bereits beschleunigt. Ferner hat dies durch einfachere Kommunikation zwischen Nutzern und Entwicklern zu einem besseren Design geführt. Für Banken ist das Management der Kostenstruktur zwar sehr wichtig, um in einer sich schnell entwickelnden Welt wettbewerbsfähig zu bleiben, aber sie müssen auch mit ihren Kunden in Verbindung bleiben. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Ärmel hochzukrempeln, mit der Einführung dieser neuen Plattformen zu beginnen und sich dabei den neuen Herausforderungen zu stellen.

 

Verfasser: Louis-Jérôme Monnier, Origination & Structuring Manager Agribusiness, BNP Paribas in der Schweiz. Veröffentlicht in der Agefi-Sonderausgabe zum Thema Rohstoffe im April 2019.